Der komplexe Staatsaufbau Belgiens, bei dem sich die drei Regionen mit eigenen Sprachen, Kulturen und Regulierungen die unterschiedlichen Zuständigkeiten mit der föderalen Regierung teilen, hat auch Auswirkungen auf die Energieversorgung. Die Kompetenzen sind auch hier zwischen der föderalen und der regionalen Ebene aufgeteilt. Während etwa die Versorgungssicherheit, große Infrastrukturen und Offshore-Windenergie in die Zuständigkeit des Föderalstaats fallen, sind die Regionen u.a. für die Verteilung der lokalen Stromübertragung bis zu 70.000 Volt sowie für die Ausschöpfung erneuerbarer Energiequellen verantwortlich. Belgien hat außerdem sowohl einen föderalen als auch drei regionale Energie- und Klimapläne, die bei der Marktbearbeitung getrennt voneinander zu betrachten sind.

Betrachtet man die geplanten Projekte, so wird deutlich, dass in den kommenden Jahren ein hoher Bedarf an qualifizierten Unternehmen und Arbeitskräften besteht. Experten gehen davon aus, dass sich der belgische Markt im Bereich der Smart Grids deutlich verändern dürfte. Wachstumspotenzial bieten u.a. das wallonische Dekret über Energiegemeinschaften, das noch in diesem Jahr in Kraft treten soll, sowie der breite Einsatz von intelligenten Stromzählern bis 2030. Auch sind steigende Investitionen in unterschiedlichen Feldern geplant, so etwa in der Elektromobilität, zur Flexibilisierung der Stromnetze oder in Stromspeichertechnologien.

Der Übertragungsnetzbetreiber Elia beabsichtigt, neue internationale Verbindungsleitungen zu entwickeln, das Netzwerk zu verstärken und Stromverluste mittels Softwaretechnologien zu verringern. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von erneuerbaren Energien sind weitere Prognose-Algorithmen für Energieerzeugung und -verbrauch notwendig; dies öffnet zugleich die Türen für neue Marktakteure und es entwickeln sich zahlreiche Pilotprojekte. Neben dem Transportnetzbetreiber Elia, Projektentwicklern und Energieversorgern wie Engie Electrabel verfügt Belgien auch über diverse Verteilernetzbetreiber, renommierte Forschungseinrichtungen und Ingenieur- und Beratungsbüros. Die Förderung von energieeffizienten Netztechnologien, intelligentes Management von Energiegemeinschaften (EMS), die Entwicklung von Speicherfunktionen und dezentraler Energieerzeugung sind fester Bestandteil des belgischen Energiepakts.

Wenn auch die Entwicklung intelligenter Netztechnologien in Belgien erst am Anfang steht, bleibt das Land auf europäischer Ebene ein wichtiger Akteur bei der Umsetzung der landesübergreifend verbundenen Smart-Grid-Konzepte. Gerade auch unter Einbeziehung der unterschiedlichen regionalen, nationalen und internationalen Energieprojekte bieten sich Anreize für deutsche Unternehmen, um in den belgischen Markt einzusteigen; der gute Ruf, den sie insbesondere im Bereich des Ingenieurswesens und der Technologie genießen, kann hier unter Umständen in einen Wettbewerbsvorteil umgemünzt werden. Insbesondere für Hersteller hochtechnologischer Produkte und Speichertechnologien, Zulieferer von IoT- und ICT-Energiemanagementsystemen, Dienstleister der intelligenten Vernetzung sowie erfahrene Serviceunternehmen bestehen große Chancen.

Die vorliegende Zielmarktanalyse wurde im Auftrag der Exportinitiative Energie von der Deutsch-Belgisch-Luxemburgischen Handelskammer in Brüssel (AHK debelux) erstellt, um deutschen Unternehmen erste Informationen zum Markt über energieeffiziente Netztechnologien in Belgien zu liefern und sie auf einen möglichen Markteintritt vorzubereiten.