Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands (DWV) e.V.

Werner Diwald, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verbands (DWV) e.V.

© DWV

Der internationale Markthochlauf von grünem Wasserstoff ist derzeit in aller Munde. Worin genau liegen die Chancen für die deutsche Branche?

Grüner Wasserstoff erlaubt es uns erstmalig, erneuerbare Energien im größerem Maßstab nach Deutschland bzw. Europa zu exportieren. Hiermit ist eine große Chance für die deutschen Unternehmen verbunden – und ganz besonders auch für KMU. Letztendlich erfolgt der Offtake der erzeugten erneuerbare Energien nach europäischen und deutschen Grundsätzen. So ermöglicht der H2Global-Fördermechanismus einen gesicherten Cashflow für die Unternehmen und damit auch die Möglichkeit einer klassischen Projektfinanzierung. Das eröffnet gerade den weniger kapitalstarken Unternehmen einen Einstieg in die Projektentwicklung. Es macht auch die Errichtung und den Betrieb von Hybridkraftwerken möglich. Hier liegen die Chancen für KMU, denn mit gesicherter Finanzierung wird das Auslandsgeschäft zum Erfolg.

Bisher sind vor allem große Unternehmen im Wasserstoffmarkt aktiv – welche Nischen gibt es aber explizit für KMU?

Auch KMU können von den aktuellen Entwicklungen am internationalen grünen Wasserstoffmarkt profitieren. Insbesondere können erfolgreiche mittelständische Entwickler von erneuerbaren Energieprojekten ihre Erfahrungen für den Einstieg in den grünen Wasserstoffmarkt nutzen. Das gilt umso mehr, wenn es sich um integrierte „Hybridkraftwerke“ handelt - also Systeme, die die erneuerbare Strom- und Wasserstofferzeugung in einem Anlagenkomplex vereinen. Auch Mobilitätskonzepte mit einer integrierten Energiebereitstellung von Wasserstoff bieten sich in der Markthochlaufphase für KMU an.

Was raten Sie deutschen KMU, die in der Branche exportieren möchten?

Die Entwicklung von Projekten ist in der Energiewirtschaft sehr komplex. Innovative Projekte fördern immer wieder technologische, aber auch regulatorische Überraschungen zu Tage. Es ist daher empfehlenswert, die ersten Erfahrungen mit grünen Wasserstoffprojekten vor der eigenen Haustür zu sammeln und sich am Heimatmarkt schon erprobt zu haben.

Auf welche Märkte sollten sich deutsche KMU fokussieren, und warum?

KMU sollten ihren Fokus auf Märkte legen, in denen sie besondere Wettbewerbsvorteile gegenüber großen Unternehmen haben. Das sind vor allem Märkte, die bisher noch ein ungenutztes Potenzial haben oder aufgrund von besonderen Herausforderungen ein flexibles Agieren fordern. Dazu gehören neben den Ländern des afrikanischen Kontinents auch Länder aus dem Baltikum oder Südosteuropa. Auch in Südamerika können sich KMU eines gewissen Wettbewerbsvorteils sicher sein. Das gilt insbesondere, wenn Sie sehr frühzeitig in die Märkte gehen oder aufgrund anderer erneuerbarer Energieprojekte bereits erfolgreich vor Ort agieren.

Gibt es bereits Projekte, die Sie hervorheben möchten?

Es gibt Projekte in Namibia, Südafrika oder Marokko, durch die sich einige KMU bereits gut in Position bringen konnten. Auch in der Ukraine konnten KMU sehr vielversprechende Projektansätze initiieren. Diese Beispiele machen aber gleichzeitig auch klar, wie es durch unplanbare Ereignisse zu einem wirtschaftlichen Risiko kommt.

Länder, die Projektgrößen mit mehreren Gigawatt im Blick haben, erscheinen auf den ersten Blick äußerst lukrativ– auch für KMU. Hier sollten sich die Akteure aber der Frage stellen, ob sie wirklich in der Lage sind, sich im wettbewerblichen Dialog alleine gegen große Unternehmen durchzusetzen. Frühzeitige Kooperationen oder Konsortien könnten hier ein Mittel der Wahl sein.

Welche Unterstützung bietet ihr Verband für den Export?

Wir unterstützen unsere Mitglieder in erster Linie mit unserem Netzwerk und Know-how beim Schritt ins Ausland. Die richtigen Kontakte und wichtige Erfahrungswerte sind die Grundlage für das erfolgreiche Auslandsgeschäft.

Außerdem arbeiten wir kontinuierlich daran, auf regulatorische und politische Rahmenbedingungen einzuwirken und setzen uns dafür ein, Investitionssicherheiten sowie passende Förder- und Marktmechanismen zu schaffen, damit sich für die Branche ein sicheres und nachhaltiges Marktumfeld für die Produktion von grünem Wasserstoff ergibt. Bestes Beispiel dafür ist die führende Rolle des DWV bei der Entwicklung des H2Global Finanzierungskonzeptes. Der Mechanismus der Contracts for Difference wurde maßgeblich durch den DWV entwickelt. Die Bundesregierung hat H2Global mit dem stolzen Betrag von 900 Mio. EUR in der ersten Phase ausgestattet.